Übergänge

Ab und zu kommt es vor, dass ein Freiwilliger in einer dauerhaften verantwortungsvollen Position (z.B. ein Patchverwalter, Übersetzungsverwalter, usw.) nicht mehr in der Lage sein wird, die Aufgaben seiner Position auszuführen. Es kann daran liegen, dass die Aufgabe sich als mehr Arbeit heraus gestellt hat, als er es vermutet hatte, oder aufgrund von gänzlich äußeren Ursachen: Heirat, ein neues Kint, ein neuer Arbeitgeber, oder sonst etwas.

Wenn ein Freiwilliger so überschwemmt wird, bemerkt er es meistens nicht sofort. Es passiert allmählich und es gibt keinen Zeitpunkt, an dem ihm bewussst auffällt, dass er nicht mehr die Pflichten seiner Rolle erfüllen kann. Statt dessen, hört das Projekt eine weile lang nichts von ihm. Dann gibt es eine plötzliche Hektik, wenn er sich dafür schuldig fühlt, dass Projekt so lange Vernachlässigt zu haben, und er arbeitet die Nacht durch, um alles nachzuholen. Dann werden Sie wieder eine Zeit lang nichts von ihm hören, und es kann wieder eine hektische Aktivität geben oder auch nicht. Es gibt aber selten einen unaufgeforderten formalen Abtritt. Der freiwillige macht die Arbeit in seiner Freizeit, also wäre ein Abtritt gleichzeitig ein Eingeständnis an sich selber, dass seine Freizeit permanent veringert ist. Menschen geben so etwas oft nur wiederwillig zu.

Es liegt desshalb an Ihnen und die anderen im Projekt zu erkennen was passiert – oder eher, was nicht passiert – und den Freiwilligen zu fragen was los ist. Die Frage sollte freundlich und komplett frei von Schuldzuweisungen sein. Sie wollen eine Information herausfinden, nicht die Person demütigen. Die Anfrage sollte im allgemeinen für das übrige Projekt sichtbar sein, wenn Sie aber einen besonderen Grund haben, warum es privat gehalten werden sollte, dann ist das auch in Ordnung. Der Hauptgrund es öffentlich zu machen, ist damit, wenn der Empfänger antwortet indem er sagt, dass er nicht mehr in der Lage sein wird die Aufgabe zu übernehmen, es eine Kontext gibt, indem Sie Ihre nächste öffentliche Nachricht schreiben können: Eine Anfrage nach einem neuen Freiwilligen, der die Rolle übernimmt.

Manchmal ist ein Freiwilliger nicht in der Lage, die Rolle die er übernommen hat, zu erfüllen, weiß es aber entweder nicht oder will es nicht zugeben. Natürlich kann jeder am Anfang Probleme haben, ganz besonders, wenn die Pflichten komplex sind. Wenn jemand jedoch einfach nicht für die Aufgabe geeignet ist, die er übernommen hat, nachdem jeder ihm alle möglichen Hilfen und Vorschläge gegeben haben, dann ist die einzige Lösung für ihn beiseite zu treten, und jemand anderen es versuchen zu lassen. Und wenn die Person das selber nicht sieht, muss man es ihm sagen. Es gibt denke ich, im Prinzip nur eine Möglichkeit, dass zu handhaben, es ist aber ein Vorgang mit mehreren Schritten, von denen alle wichtig sind.

Erstens, vergewissern Sie sich, dass Sie nicht irre sind. Sprechen Sie privat mit anderen im Projekt, und schauen Sie ob sie auch das Problem für so ernst halten, wie Sie es tun. Selbst wenn Sie sich schon sicher sind, dienen diese Anfragen, andere wissen zu lassen, dass sie es in betracht ziehen, die Person darum zu bitten, beiseite zu treten. Normalerweise wird keiner dagegen einsprechen – sie werden nur froh sein, dass Sie die heikele Aufgabe übernehmen, weil sie es dann selber nicht müssen!

Kontaktieren Sie als nächstes den in Frage stehenden Freiwilligen, im privaten und sagen Sie ihm, freundlich aber direkt, über die Probleme, die Sie sehen. Seien Sie spezifisch, mit sovielen Beispielen wie möglich. Achten Sie darauf, ihm klar zu machen, dass andere versucht haben zu helfen, dass die Probleme aber blieben ohne sich zu verbessern. Sie sollten erwarten, dass es eine weile brauchen wird, diese E-Mail zu schreiben, wenn Sie aber bei dieser Art von E-Mail Ihre Behauptungen nicht untermauern, brauchen Sie sie garnicht erst zu schreiben. Sagen Sie, dass Sie einen neuen Freiwilligen für die Rolle suchen wollen, weisen Sie aber auch darauf hin, dass es viele andere Möglichkeiten gibt, zu dem Projekt etwas beizutragen. Zu diesem Zeitpunkt, sollten Sie nicht sagen, dass Sie mit anderen darüber gesprochen haben; keiner mag es, wenn hinter seinem Rücken Komplotte geschmiedet werden.

Es gibt ein paar Wege, wie die Sache danach verlaufen kann. Die wahrscheinlichste Reaktion ist, dass er Ihnen zustimmen wird, oder zumindest nicht widersprechen will, und bereit sein wird abzutreten. In dem Fall, sollten Sie vorschlagen, dass er selber die Ankündigung macht, und Sie können dann mit einer Nachricht anschließen, indem Sie nach einem Ersatz suchen.

Oder er wird zustimmen, dass es Probleme gegeben hat, aber um ein wenig mehr Zeit bitten (oder noch eine Chance, bei diskreten Aufgaben wie beim Versionsverwalter). Wie Sie darauf reagieren, liegt bei Ihnen, aber was immer Sie auch machen, Sie sollten nicht nur desshalb zustimmen, weil Sie solch eine Vernünftige Bitte nicht abschlagen können. Das würde den Leid nur ausdehnen, nicht verringern. Es gibt oft einen ziemlich guten Grund, die Bitte abzulehnen, nämlich, dass es bereits genügend Gelegenheiten gegeben hat, und das Projekt desshalb bei dem derzeitigen Stand ist. Ich habe es wie folgt in einer E-Mail formuliert, an eine Person welche die Rolle des Versionsverwalters übernommen hatte, aber nicht wirklich dafür geeignet war:

> Wenn du mich mit jemand anderem ersetzen willst, bin ich gerne
> bereit die Rolle an ihm weiter zu geben. Ich habe eine Bitte, die
> hoffentlich nicht unvernünftig ist. Ich würde gerne noch eine neue
> Version versuchen, um mich beisen zu können. 

Ich verstehe deinen Wunsch vollkommen (habe ich selber durchgemacht!),
ich denke aber, dass wir in diesem Fall nicht "noch einen Versuch"
machen sollten.

Das ist nicht die erste oder zweite neue Version, es ist die sechste
oder siebte... Und bei all denen, ich weiß, dass Sie mit dem
Ergebnis unzufrieden sind (weil wir schon mal darüber
geredet haben). Wir haben also tatsächlich die Noch-einen-Versuch-Sache
durchgezogen. Letztlich muss einer dieser Versuche der letzte sein...
Ich denke diese [vergangene] Version ist es.

Im schlimmsten Fall, wird der Freiwillige dem komplett widersprechen. Dann müssen Sie sich damit abfinden, dass die Sache unangenehm wird, und sich trotzdem durchkämpfen. Jetzt, ist die Zeit, zu sagen, dass Sie mit anderen darüber geredet haben (sagen Sie aber immer noch nicht mit wem, bis Sie deren Erlaubnis haben, schließlich waren diese Unterhaltungen privat), und dass Sie nicht denken, dass es gut für das Projekt ist, weiterzumachen, wie bissher. Seien Sie nachdrücklich, aber niemals drohent. Denken Sie daran, dass bei den meisten Rollen der Übergang in dem Moment statfindet, wenn jemand neues die Arbeit anfängt, nicht wenn die alte Person damit aufhört. Wenn es bei der Auseinandersetzung zum Beispiel um die Rolle, von sagen wir dem Ticketverwalter geht, können Sie oder andere einflussreiche Entwickler in dem Projekt, jederzeit eine Anfrage nach einem neuen Ticketverwalter machen. Es ist nicht wirklich notwendig, dass die Person die es vorher gemacht hat damit aufhört, so lange er nicht die Arbeit des neuen Freiwilligen sabotiert (absichtlich oder sonstwie).

Was einen verlockenden Gedanken aufbringt: Statt die Person um seine Abdankung zu bitten, warum sollten Sie es nicht einfach so auslegen als wollten Sie ihm etwas Hilfe beschaffen? Warum sollten Sie nicht zwei Ticketverwalter haben, oder Patchverwalter oder was auch immer die Rolle ist?

Obwohl das sich theoretisch nett anhören mag, ist es im allgemeinen keine gute Idee. Die Rolle eines Verwalters beruht gerade – das genau ist ihr Nutzen – auf der Zentralisierung. Dinge, die auf eine dezentralisierte Weise geregelt werden können, werden im Allgemeinen schon so gehandhabt. Zwei Personen zu haben, die eine Verwaltungsrolle einnehmen, würde nur einen größeren Kommunikationsaufwand bedeuten, sowie das Potential die Verantwortlichkeiten unklar zu machen ("Ich dachte du hast den Verbandskasten mitgenommen!" "Ich? Nee, ich dachte du hast den Verbandskasten mitgenommen!"). Es gibt natürlich Ausnahmen. Manchmal arbeiten zwei Personen sehr gut zusammen, oder die Natur der Rolle ist derart, dass sie leicht auf mehrere Personen aufgeteilt werden kann. Diese sind aber wahrscheinlich von keinem großen Nutzen wenn Sie jemanden in einer Rolle versagen sehen, für die er nicht geeignet ist. Wenn er das Problem von vorn herein zu würdigen gewusst hätte, hätte er diese Hilfe vorher schon gesucht. In jedem Fall, wäre es respektlos jemand zeit verschwenden zu lassen, bei der Fortführung Aufgabe die keiner achten wird.

Das wichtigste wenn Sie jemand darum bitten abzutreten, ist die Privatsphäre: Ihm den Raum zu geben, um eine Entscheidung zu treffen, ohne sich dabei so zu fühlen, als würden andere ihn beobachten und auf ihn warten. Ich habe einmal den Fehler gemacht – im Nachhinein ein offensichtlicher Fehler – alle drei Parteien auf einmal anzuschreiben, um den Versionsverwalter von Subversion darum zu bitten, für zwei andere Freiwillige abzutreten. Ich hatte mit den beiden neuen bereits im Privaten geredet und wusste, dass sie gewillt waren die Verantwortung zu übernehmen. Naiver Weise und etwas taktlos dachte ich also, dass ich etwas Zeit und Mühe sparen würde, wenn ich an alle eine E-Mail schreiben würde, um den Übergang anzustoßen. Ich nahm an, dass der derzeitige Versionsverwalter bereits vollkommen über die Probleme im klaren war und sofort sehen würde, dass meine Anfrage vernüngtig war.

Ich irrte mich. Der derzeitige Versionsverwalter war sehr beleidigt, und das mit Recht. Es ist eine Sache, darum gebeten zu werden abzutreten; Es ist eine andere direkt vor den Personen, an die man abgeben soll, darum gebeten zu werden. Als ich verstanden hatte, warum er beleidigt war, entschuldigte ich mich. Er trat schließlich ohne Umstände zurück und ist heute weiterhin an dem Projekt beteiligt. Seine Gefühle wurden aber verletzt und es ist natürlich auch nicht der angenehmste Anfang für die Neuen.